Kommando "Such!"
Plötzlich klingelt das Telefon. Die zentrale Notleitstelle ILL in Tirol meldet einen Notfall. Offenbar wurde im freien Skiraum eine Lawine losgetreten, man rechnet mit mehreren Verschütteten. Die durchschnittliche Überlebensdauer eines Lawinenopfers unter der Schneedecke beträgt 20 Minuten. Jetzt zählt jede Sekunde! Die Lawinenhundeführer werden vom Helikopter abgeholt und befinden sich binnen weniger Minuten am Ort des Geschehens. Die Suche nach Überlebenden beginnt. Ein Szenario wie dieses kann jederzeit eintreten, doch die Lawinenhundeführer der Ortsstelle Serfaus, Daniel Vögele und Franco Brejla, sind bereit. Dafür haben sie mit ihren Hunden monatelang trainiert.
Die Ausbildung
Die Lawinenhundeführer sind eine Spezialeinheit der Tiroler Bergrettung. Die Ausbildung ist zeitintensiv und die Arbeit ehrenamtlich. Wer Lawinenhundeführer werden will, muss eine abgeschlossene Bergretter-Ausbildung haben und bestimmte physische und psychische Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt für den Menschen ebenso wie für das Tier. Denn nicht jeder Hund eignet sich für diese Aufgabe. Der Leitsatz ist: Das Tier muss Spaß am Suchen im Schnee haben. Was für den Hund ein Spiel ist, auf das er trainiert wird, bedeutet für die Menschen den Kampf um Leben und Tod. Die Hunde werden mit Hilfe der Konditionierung, einer Technik, die auf positiver Bestätigung und Belohnung beruht, trainiert.
Die Schulung der Hunde beginnt im besten Fall, wenn der Hund sechs Monate alt ist. So bleibt genug Zeit, um die Sinne der Tiere zu schulen. Hat ein Hund das Alter von sechs Jahren erreicht, ist er zu alt für den Einsatz und darf in Hunde-Pension gehen. Die Grundausbildung dauert drei Jahre und erfolgt in den Kursen A bis C. Sie beinhaltet wöchentliche Übungen und mehrtägige Kurse in Sommer und Winter. Daniels Altdeutscher Schäferhund ist mit seinen drei Jahren ein fertig ausgebildeter Lawinen- und Suchhund. Francos Labrador Hündin gilt mit ihren zwei Jahren als teilausgebildet, aber einsatzbereit. Im Anschluss an den C Kurs können noch Spezialkurse wie zum Beispiel Trümmer- oder Leichensuche belegt werden.
Mittendrin!
Im Ernstfall gilt höchst Eile, denn die Verschütteten drohen zu erfrieren oder zu ersticken. Am Unfallort erfolgt das Kommando „Such!“ und der Hund nimmt Fährte auf. Hierbei hat jedes Tier seine eigene Technik. Darum ist es für den Hundeführer so wichtig, sein Tier genau zu kennen und kleinste Verhaltensweisen des Hundes richtig zu deuten. Die Kunst dabei ist es, den Hund gründlich suchen zu lassen, jedoch zu erahnen, wenn das Tier auf der falschen Spur ist und rechtzeitig einzugreifen, beispielsweise wenn das Tier nur einen verlorenen Handschuh wittert. Ein Hund kann im Schnitt nur 20 bis 30 Minuten suchen, bis er eine Pause braucht. Doch sobald das Tier etwas gefunden hat, beginnt es zu graben – und der Hundeführer startet zu sondieren. Sobald die Sonde einen Verschütteten findet, wird dieser von den Helfern ausgegraben und erstversorgt.
Zum Glück wird bei Lawinenabgängen oftmals niemand verschüttet. Ob Verletzte unter der Schneedecke liegen oder nicht, merkt ein guter Hundeführer relativ schnell daran, dass der Hund das Interesse an der Suche verliert. Fehlalarme sind manchmal möglich, aber im Zweifelsfall muss das Team auf sechs Beinen immer zum Lawinenkegel geflogen werden und sich ein Bild vor Ort machen. Deshalb sind Prävention und Achtsamkeit wichtig.
Sicherheit MUSS vorgehen!
Ein tiefverschneiter Pulverhang - was gibt es schöneres? Auf den ersten Blick ist es sehr verlockend, die ersten Spuren in den frischen Schnee zu zaubern. Doch bevor man sich hineinwagt, sollte man das Risiko abschätzen und natürlich die Lawinensituation und das Gelände genauestens kennen. Lawinenlageberichte und Sicherheitsinfos werden nicht umsonst erstellt und sollten zwingend beachtet werden.
Man läuft immerhin Gefahr, bei einer ausgelösten Lawine nicht nur sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen, sondern auch das Leben der Retter auf zwei oder vier Beinen!
Sicherheit MUSS immer vorgehen!