Mit Feuereifer dabei: Das Fisser Kinderblochziehen
Lesezeit: 4 Minuten
Das Kostüm des „Miasmann“, des Moosmannes, liegt ausgebreitet auf einem großen Tisch: Über und über in liebevoller Handarbeit mit Moos und Flechten beklebt, wartet es geduldig auf seinen Einsatz. „Da braucht man auf jeden Fall Hilfe beim Anziehen. Alleine schafft man das nicht“, sagt Jakob Rietzler. Der junge Fisser gehört als Schüler der Abschlussklasse (4. Klasse) der Mittelschule Serfaus-Fiss-Ladis zum Ausschuss des Kinderblochziehens und ist stellvertretender Obmann. Bei der Fasnacht am 28.1.2024 wird er eine der Hauptrollen, den wilden Miasmann, verkörpern. „Ich komme beim zweiten Stopp aus dem Wald. Dann habe ich einen Baum dabei und verkörpere den Wald, das Wilde, die Natur. Und ich verstehe mich am Anfang gar nicht mit dem Bär, aber dann vereinen wir uns doch, damit der Bloch zum Ziel gelangen kann.“
Eine tonnenschwere Aufgabe
Den Bloch ins Ziel zu bringen, das ist die große Aufgabe beim traditionellen Blochziehen: Der namensgebende Bloch ist ein mächtiger Fichtenstamm, der von den Teilnehmern durch das Dorf manövriert und geschoben werden muss. Dieser Fasnachtsbrauch hat in Fiss eine lange Tradition und wird eigentlich von erwachsenen Männern des Dorfes ausgeführt. Seit über 50 Jahren gibt es aber im Vierjahresrhythmus auch ein Kinderblochziehen ganz nach dem Vorbild der Großen. Rund 55 Kinder der Volksschule Fiss und Mittelschule Serfaus-Fiss-Ladis nehmen aktiv am Blochziehen teil, dazu kommen Helfer und Helferinnen, die Getränke ausschenken, Eintrittskarten kontrollieren, bei der Feuerwehr und Musikkapelle dabei sind und die Fasnacht begleiten. „Wie beim Erwachsenen-Blochziehen gibt es auch bei den Kindern kaum eine Familie im Ort, die nicht involviert ist. Bei allen Burschen, die in diesem Jahr dabei sind, waren schon die Väter oder Großväter in verschiedenen Rollen beim Blochziehen aktiv“, erzählt Martin Pregenzer, Obmann des Vereins Fisser Blochziehen, mit Stolz.
Das Alter bestimmt die Rolle
Wer beim Blochziehen in welche Rolle schlüpfen darf, wird nach Alter bestimmt. Anders als bei den Großen gibt es bei den Kindern auch eine Zwergengruppe, in der alle Erstklässler mitlaufen. Je älter die Kinder werden, desto verantwortungsvoller werden auch die Rollen, die sie verkörpern. So darf Manuel Kofler, der in die erste Klasse der Mittelschule geht, ein Bärentreiber sein. „Ich muss versuchen, den Bären zu bändigen und den Miasmann einzufangen.“ Nur mit den vereinten Kräften der Bärentreiber kann das Blochziehen weitergehen.
„Ich übe das Goaßlschnalzen, seit ich fünf Jahre alt bin“
Eine maßgebliche Hauptrolle darf in diesem Jahr Johann Wachter übernehmen. Wie „Miasmann“ Jakob ist er ein Viertklässler und wird den Fuhrmann darstellen. „Ich gebe den Figuren das Kommando, wann sie den Bloch ziehen oder stoppen sollen. Ich muss alle Teilnehmer zusammenhalten und darauf schauen, dass die Figuren – vor allem der Bär und der Miasmann – nicht streiten.“ Zur Unterstützung hat er seine Goaßl, eine handgeknüpfte Fuhrmannspeitsche, dabei, die er laut schnalzen lässt. „Ich übe das Goaßlschnalzen mit meinem Papa, seit ich fünf Jahre alt bin“, sagt Johann. „Am Anfang, als ich noch kleiner war, besaß ich eine kleinere Goaßl. Jetzt habe ich eine richtige, lange Goaßl, mit der ich fleißig trainiere. Mein Papa ist dabei auch voll motiviert und stellt beim Erwachsenen-Blochziehen ebenfalls den Fuhrmann dar“, sagt er stolz. Auch Jakob erzählt, sein Papa sei „ganz fanatisch und das ist auch für mich sehr motivierend.“
„Ohne die Unterstützung der Eltern ginge es nicht“, weiß Martin Pregenzer. „Da geht es nicht nur darum, dass die Kinder all ihre Sachen am Tag der Fasnacht dabei haben, sondern auch um die Erklärung der Rollen und das gemeinsame Üben mit Papa oder Opa.“ Mädchen sind, wie die Frauen bei den Erwachsenen, nicht als aktive Teilnehmerinnen erlaubt, bei den Vorbereitungen und rund um die Fasnacht spielen sie aber eine große Rolle.
HIER kannst du mehr über die wichtige Arbeit der Frauen in der Fasnacht nachlesen.
Wertvolles Erbe
Die Fisser Fasnacht zählt zu den urigsten und originellsten Fasnachtsbräuchen und wurde von den Frühjahrs- und Fruchtbarkeitsfesten aus vorchristlicher Zeit inspiriert. Seit 2011 gehört das Fisser Blochziehen sogar zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. „Wir sind stolz darauf, dass wir das Brauchtum, das uns unsere Vorfahren vermittelt haben, weitergeben können. Und es ist schön zu sehen, wie das ganze Dorf dahinter steht", so Martin Pregenzer. Die Begeisterung der Kinder sei groß, sagt der Vereinsobmann. „Das sieht man bei den Proben, wenn etwa die Schallner und Hexen ihre Auftritte gemeinsam einstudieren und üben.“ Schon seit Dezember treffen sich die einzelnen Teilgruppen bereits wöchentlich zum Proben. Je näher der große Tag rückt, desto mehr steigt auch die Nervosität. Das weiß auch Matthias Kathrein, der in der Rolle des Mohrele zum zweiten Mal an der Fasnacht teilnimmt. „Ich bin nervös, aber ich freu mich auch! Und es gefällt mir, dass bei der Fasnacht alle zusammenhelfen.“ Kinderblochzieh-Neuling Moritz Pregenzer, der die 3. Klasse Volksschule besucht, wird Ende Jänner zum ersten Mal mitlaufen. „Ich muss als Teil eines Bauernpaares den Baum ziehen. Dafür muss ich noch ein bisschen meine Kondition trainieren.“ Ein paar Tage Zeit haben die Burschen ja noch, bevor der tonnenschwere Bloch seine Reise durch Fiss und das traditionelle Kräftemessen der Jahreszeiten beginnt. Wir wünschen eine unvergessliche und unfallfreie Fasnacht!
Sei dabei!
Fisser Kinderblochziehen
Datum: 28.1.2024
Start: 13:00 Uhr beim Kulturhaus Fiss
Mehr über den originellen Fasnachtsbrauch kannst du HIER nachlesen.