Fisser Blochziehen: (K)eine reine Männersache
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DER STOLZE GIGGELER
Wie jedes Mal hatte das Fisser Blochziehen den stolzen Giggeler in ein gerupftes Federvieh verwandelt: Kein Wunder, denn der umtriebige Hahn sorgt bei seinem Auftritt stets für viel Aufregung unter den Zuschauern. Er springt und kräht und ist vor allem den weiblichen Besucherinnen auf den Fersen. Da muss das Kostüm vor jeder neuen Fasnacht ausgebessert werden: „Der Giggeler war die erste Verkleidung, an der ich gearbeitet habe“, erinnert sich Zita Rietzler. Ob der Gockel deshalb ihre Lieblingsfigur unter all den Masken des Fisser Blochziehens ist? Vielleicht. Er war auf jeden Fall der Beginn einer engen Verbindung: „Damals, im Jahr 1978, wurde ich zum ersten Mal gefragt, ob ich bei den Kostümen helfen wolle“, sagt Zita. Anfangs noch zu viert, wuchs die Truppe an freiwilligen Mitstreiterinnen schnell an, immer wieder kommen neue Helferinnen dazu. „Ich bin in dieser Gruppe ein bisschen in die Rolle der Koordinatorin geschlüpft“, sagt Zita. „Aber ohne die anderen Frauen könnte ich gar nichts ausrichten.“
MOOS UND TEPPICHKLEBER
In gemeinsamer Arbeit entstanden neue Marketenderinnen-Trachten, das Miasmann-Kostüm oder auch die Bajatzl-Kostüme. „Für dieses Kostüm muss ein sportlicher Mann ausgewählt werden, denn der Bajatzl springt sogar von Dach zu Dach“, sagt Zita. Das letzte Bajatzl-Kostüm leistete übrigens fast 40 Jahre lang treue Dienste. „Hoffen wir, dass die neuen Kostüme auch so lange halten!“
Im Laufe der Jahre haben sich die Frauen ein ganzes Repertoire an Tricks angeeignet: „Für das Miasmann-Kostüm verwenden wir zum Beispiel Teppichkleber. Wir sind draufgekommen, dass damit das halb getrocknete Moos länger hält.“ Frisch restauriert kann der Miasmann am Tag des Blochziehens mit dem Bären kämpfen und wird anschließend vor den geschmückten Schlitten gespannt, um beim Ziehen des tonnenschweren Blochs zu helfen.
DAS GANZE JAHR DIE FASNACHT IM KOPF
Die Vorarbeiten für die traditionelle Fasnacht, die im Vierjahresrhythmus jeweils im Jänner stattfindet, beginnen natürlich schon weit im Voraus: Die Männer holen bereits Ende Oktober den Bloch, einen mächtigen Zirbenstamm, aus dem Fisser Wald. Dieser wird am Tag des Blochziehens erst durch den Ort gezogen und dann versteigert. Begleitet wird dieser Zug von bis zu 70 unterschiedlichen Figuren: Sie repräsentieren den Kampf Frühling gegen Winter und die gewaltigen Kräfte der Natur, die das Leben auf dem Hochplateau schon seit jeher prägen.
DER URSPRUNG DES BLOCHZIEHENS
Seit 2011 ist das Fisser Blochziehen sogar als immaterielles Kulturerbe der UNESCO in Österreich ausgezeichnet. Der urige Brauch leitet sich von den Frühjahrs- und Fruchtbarkeitsfesten aus vorchristlicher Zeit ab. Einer, der sich mit der Tradition des Blochziehens bestens auskennt, ist Christian Kofler. Er ist Obmann des Fisser Blochziehvereins. „Ursprünglich soll das Blochziehen sogar nur von den Frauen veranstaltet worden sein“, verrät er. „Aber das würden wir uns nicht mehr gefallen lassen“, schmunzelt der Obmann. Ohne Frauen gehe es aber natürlich nicht. „Ohne sie gäbe es kein Blochziehen, wir brauchen sie unbedingt zum Helfen“, sagt der langjährige Vereinschef. Aber wären Zita und ihre Gruppe nicht selbst einmal gerne vorne dabei? „Nein, nein“, sagt sie und man hört den Schalk in ihrer Stimme. „Obwohl wir die Männer manchmal damit aufziehen, dass wir uns einfach hinter den Masken verstecken und mitmachen.“
EIN STREICH FÜR DIE EWIGKEIT
Einmal, da haben die Fisser Frauen ja schon für eine Anekdote gesorgt – und die ist bis heute legendär. „Es war 1978“, erinnert sich Zita. Sie und drei andere Frauen haben damals die Deichseln des Schlittens, auf dem der Bloch durch das Dorf gezogen werden sollte, heimlich abgesägt. Das Ergebnis waren pure Aufregung, viel Aufsehen und Hektik, aber auch ein bisschen Schadenfreude. „Das ist heute noch die meist erzählte Geschichte rund um die Fisser Fasnacht. Bloch und Schlitten werden nämlich schon zwei Tage vor dem Umzug durchgehend bewacht, damit sich die Bewohner der Nachbargemeinden nicht daran zu schaffen machen und uns einen Streich spielen. Die Lader und Serfauser sind bisher immer gescheitert, nur die Fisser Frauen selbst haben das geschafft“, sagt der Obmann, der die Geschichte als kleiner Junge miterlebt hat. Zum Glück haben die Fisser den Frauen diesen Schabernack längst verziehen. Und so ist Zita auch vierzig Jahre später noch immer im Bann der Fasnacht: „Solange sie mich haben wollen, arbeite ich gerne mit.“
DAS BLOCHZIEHEN SELBST ERLEBEN
Das nächste Fisser Blochziehen findet am 29. Jänner 2023 statt. Alle aktuellen Termininformationen und noch mehr spannende Hintergrundgeschichten sind unter www.blochziehen.at zu finden.