Alle einsteigen! Die neue Komperdellbahn ist eröffnet
Lesezeit: 4 Minuten
„Der Zeitplan war wirklich knapp berechnet“, sagt Reinhard Walch. „Am 16. April 2023 hatten wir unseren letzten Betriebstag der Wintersaison 2022/23. Gleich nach Betriebsschluss wurden die Gondeln der alten Komperdellbahn ausgekuppelt und am nächsten Tag sind die Bagger angerückt. Dann hieß es: Voller Einsatz bis zum Tag der Abnahme durch die Behörden am 6. Dezember 2023.“ Der Marketingleiter der Seilbahn Komperdell GmbH ist seit 16 Jahren im Team der Bergbahnen und hat den Umbau während der gesamten Bauzeit auf seinem Baublog begleitet. Jetzt steht das große Finale an: Eine Testfahrt mit der neuen Bahn!
Damit der Neubau der Komperdellbahn überhaupt machbar war, wurden die Bauphasen auf zwei Jahre aufgeteilt. Fleißige Leser von Reini´s Baublog wissen es bereits: Im Sommer 2022 wurden die neue Trassenführung und der Rohbau der Zwischenstation umgesetzt. Im Sommer 2023 folgten der Abriss und Neubau der Berg- und Talstation sowie die Fertigstellung der Zwischenstation. Hier lassen sich alle Highlights noch einmal nachlesen.
Raumwunder
Schon am neuen Vorplatz, zwischen Alpkopfbahn und Komperdellbahn, zeigt sich, dass sich der große Umbau gelohnt hat: Es gibt jetzt viel mehr Platz für ankommende Skifahrer. „Dadurch, dass die Talstation in den Hang hinein gebaut wurde, wirkt der ganze Platz viel weitläufiger.“ Das wahre Raumwunder verbirgt sich aber unter der Erde – und deshalb geht es per Rolltreppe erst einmal eine Etage nach unten, bevor die neue Komperdellbahn uns bequem Richtung Berg befördert.
Unter der Erde befinden sich zwei Stockwerke: Einmal das Skidepot und Servicecenter von Sport Patscheider und im untersten Stock ein großes Lager sowie Mitarbeiterräume. Das Servicecenter „CheckIn“ wartet gleich mit zwei Besonderheiten auf: Zum einen setzt man im Skidepot nicht auf Self-Service, sondern wird bedient. Zum anderen kann die persönliche Ausrüstung hier über Nacht sicher verwahrt werden – und dazu nutzt man die eigens von Sport Patscheider entwickelten Boxen, in denen Schuhe, Helm und sogar Handschuhe getrocknet werden. So kann man am nächsten Tag die Straßenschuhe gegen vorgewärmte und trockene Skiausrüstung tauschen. Wie praktisch!
Das letzte OK um 21 Uhr
Per Rolltreppe geht es dann nach oben und schon steht man vor dem Eingang zur neuen Komperdellbahn. Die Talstation ist elegant mit Holzlamellen verkleidet, LED-Displays bieten alle Informationen zu Berg- und Talfahrten sowie Betriebszeiten. „Diese Displays haben uns vor der offiziellen Abnahme noch ein bisschen gefuchst“, erinnert sich Reini. Nervös war das Team der Seilbahn Komperdell GmbH vor der finalen Überprüfung und Freigabe der Bahn durch die Seilbahnbehörde trotzdem nicht. „Da passiert schon im Vorfeld der Abnahme so viel, dass dieser finale Akt beinahe zur Formsache wird. Die Verantwortlichen der Behörde waren auch nicht nur für einen Tag da, sondern reisten bereits eine Woche davor an und gaben Empfehlungen ab, wo noch nachjustiert werden musste. Am großen Tag selbst – bei uns war das der 6. Dezember – prüften sie alles noch einmal von A bis Z. Um neun Uhr abends erhielten wir dann das finale Go für den Fahrbetrieb.“
Ganz bequem einsteigen
Aktuell sind bei der Komperdellbahn 104 Kabinen am Seil. Damit können 3.000 Personen pro Stunde befördert werden. „Das ist aber noch nicht der Endausbau“, sagt Reini. „Wir können die Förderkapazität auf bis zu 3.500 Personen pro Stunde erhöhen.“ Der Einstieg in die modernen Kabinen ist auch mit Kinderwagen oder Rollstuhl problemlos möglich. „Die Kabinen fahren sehr langsam durch die Station und die Ski werden in die Kabinen mitgenommen. Damit entfällt das hektische Ski-in-den-Skikorb-stellen, das in der Vergangenheit oftmals für einen kurzen Stau beim Einsteigen gesorgt hat.
Spezialanfertigung für Serfaus
„Die Kabinen selbst sind eine Sonderanfertigung“, sagt Reini, als er auf einem der zehn Sitze in den Panoramakabinen Platz nimmt. „Die Firma Doppelmayr hat sie in Zusammenarbeit mit den Bergbahnen Serfaus-Fiss-Ladis speziell für uns entwickelt. Die Besonderheit daran ist, dass sie sehr geräumig sind, weil die Ski seitlich neben dem Sitz abgestellt werden können. So kann man auch an der Zwischenstation ganz bequem aussteigen, selbst wenn man es sich auf einem der hinteren Sitze der Kabine gemütlich gemacht hat.“ Zusätzlich bietet jede Kabine durch die Komplettverglasung einen beeindruckenden Panoramablick. „Der ist zwar heute durch Nebel getrübt, aber wenn man hier bei gutem Wetter nach oben fährt – oder schon eher schwebt! – ist das ein Wahnsinn“, freut sich Reini.
Mit seiner Begeisterung für die neue Bahn ist er übrigens nicht alleine: Kaum an der Zwischenstation ausgestiegen, trifft der Baublog-Schreiber auf zwei Skifahrer, die ihn als regelmäßige Leser gleich wiedererkennen. „Als jahrelange Stammgäste in Serfaus freuen wir uns natürlich, wenn wir so einen großen Umbau mitverfolgen können“, sagen die zwei Männer und loben die neue Bahn.
Viel Verständnis und großes Lob
„Bisher haben wir nur begeisterte Reaktionen erhalten“, sagt auch Reini. „Die Unterstützung in der Region und von den Gästen war auch in der zweiten Bauphase im Sommer 2023 stark zu spüren. Wir hatten ein bisschen Sorge, dass der Umbau und die damit verbundenen Einschränkungen bei unseren Sommergästen negativ ankommen. Deshalb haben wir schon im Vorfeld intensiv informiert und unsere Gäste während der ganzen Bauzeit immer am Laufenden gehalten. Die Komperdellbahn konnte im Sommer natürlich nicht fahren, deshalb wurden die Betriebszeiten der Alpkopfbahn verlängert, um so den Gästestrom zu entzerren. Zusätzlich wurde die Königsleithebahn in Betrieb genommen. Speziell für Familien haben wir den Holzkugelweg von der Seealm Hög bis ins Tal errichtet. Damit wollten wir vor allem die Kinder motivieren, ins Tal zu wandern. Das hat super geklappt.“
Zwischenstopp: Zwischenstation
Die Zwischenstation, die bei der Trassenführung neu dazu gekommen ist, beherbergt neben dem Bahnhof, in dem die Kabinen während der Nacht untergebracht sind, auch die Kontrollzentrale der neuen Bahn. „Die Komperdellbahn ist mit dem neu entwickelten AURO-System ausgestattet – als eine der ersten Bahnen österreichweit. Das AURO-System würde es ermöglichen, die gesamte Anlage mit nur einer Person hier in der Zentrale in der Zwischenstation zu betreiben. In der Berg- und Talstation wird alles mittels Kameras und Sensoren überwacht“, erklärt Reini. „Das ist natürlich nicht unser Ziel, wir wollen ja unseren Gästen die bestmögliche Dienstleistung bieten. Aber bei Personalengpässen, wenn etwa jemand krank ist, könnte man den Betrieb mit nur einem Mitarbeiter weiterführen und die Sicherheit der Fahrgäste wäre selbstverständlich dennoch garantiert.“
Das bestätigen auch Reinis Arbeitskollegen, die gerade in der Zentrale Dienst haben. Sie erzählen auch, dass die Bahn – obwohl erst seit wenigen Tagen für die Skifahrer geöffnet – schon weit mehr als 200 Stunden Fahrzeit hat. „Wir haben die Bahn auch in der Nacht laufen lassen, Brems- und Belastungsproben durchgeführt und sie bei allen Witterungen – etwa auch bei Eis – getestet. Da haben wir geprüft, ob Rollen und Seil nicht einfrieren“, erzählen die zwei.
Endspurt mit 100 Bauarbeitern
Bei der Fahrt von der Zwischen- zur Bergstation berichtet Reini dann von den letzten Tagen am Bau: „Gerade zum Schluss war immer ein großer Trubel auf der Baustelle. Bis zu 100 Personen haben an Spitzentagen gemeinsam an der Komperdellbahn gearbeitet.“ Die Liste der beteiligten Firmen ist dementsprechend lang: Über 60 – größtenteils regionale Partnerfirmen – waren bei der Großbaustelle involviert.
An der Bergstation angekommen, erinnert sich Reini zurück in den August, als er durch den Rohbau geführt wurde, um das zukünftige Gästeleitsystem zu besprechen: „Teilweise war ich total desorientiert und verwundert, wie das am Ende aussehen kann. Aber jetzt ist alles durchdacht und macht Sinn.“ Per Rolltreppe oder Aufzug kann der Gast bequem vom Ausstieg zur Skischule oder zur Kinderschneealm gelangen oder wird durch das neue Bergstation-Gebäude zur nächsten Bahn geleitet. „Insgesamt bringt die neue Komperdellbahn sicher eine Aufwertung für die ganze Region“, ist Reini überzeugt. „Und wenn wir jetzt hören, was für eine Freude die Gäste, aber auch die Einheimischen mit der neuen Bahn haben, dann hat sich das Projekt auf jeden Fall schon gelohnt.“
Zahlen, bitte!
10,5
Etwas mehr als zehn Minuten ist man mit der neuen Bahn vom Tal bis zur Bergstation unterwegs.
20
Insgesamt 20 Stützen tragen das schwere Stahlseil der Komperdellbahn.
300
Verlässliche Partner: Mehr als 300 Mitarbeiter waren insgesamt am Bau beschäftigt, Bergbahnmitarbeiter sind hier noch nicht eingerechnet.
2,6
Zweieinhalb Kilometer misst die Strecke der neuen Komperdellbahn. Durch die neu gebaute Zwischenstation hat sich die Strecke ein bisschen verlängert.
Warum braucht man eine neue Zwischenstation? Wann wurden die Stützen aufgestellt, seit wann hängt das Seil? All diese Fragen werden im Baublog der Bergbahnen beantwortet.