Biketipp des Monats: Unterwegs mit Mama und Papa
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Als wir in Serfaus-Fiss-Ladis eintrudeln, sind Johannes und Matthäus kaum zu bändigen. Auch Mama und Papa freuen sich natürlich schon riesig auf den gemeinsamen Biketag in der Familienregion. Mit erwartungsvollen, grinsenden Gesichtern schreiten, genauer gesagt rollen wir in Richtung Talstation der Waldbahn in Fiss. Dort befindet sich nämlich ein wahres Paradies für Windelbiker als auch Bikeprofis: der Bikepark Serfaus-Fiss-Ladis. Auch wenn ich meinen Jungs (noch) das Wasser reichen kann, bin ich immer wieder fasziniert von ihrer Begeisterungsfähigkeit zum Zweiradsport. Da muss Papa schon anständig in die Pedale treten.
Parkabenteuer wie im Film. Nur echter.
Unser Plan ist es, zuerst ein paar Runden im Bikepark auf den verschiedenen geshapten Lines zu drehen, bevor wir uns auf die hochalpinen Singletrails wagen. Wir sind bestens ausgestattet und wärmen uns sogleich im direkt vor dem Shop befindlichen Pumptrack und der angeschlossenen Training Area etwas auf. Meine Jungs lieben es, ihre Bikes über die Wellenbahn zu jagen und sich in die Kurven zu schmeißen. Da fällt es mir teilweise schon schwer, mit ihnen mitzuhalten. Doch schon nach kurzer Zeit kommt wieder einmal das Kind in mir durch und ich folge ihnen mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Nicht nur die Wellenbahn, auch die verschiedenen Hindernisse machen richtig Spaß und eignen sich extrem gut dafür, das richtige Gefühl fürs Bike zu bekommen, um später auf den verschiedenen Lines im Bikepark Spaß zu haben.
Übrigens: Für alle Freunde des Zweiradsports, die kein eigenes Bike dabei haben, hält der gut ausgestattete, direkt angrenzende Bikeshop genügend perfekt gewartete Leihräder bereit. Auch die nötige Schutzausrüstung kann dort ausgeliehen werden.
Chillen oder Gas geben?
Der Bikepark bei der Waldbahn bietet eigentlich alles, was man sich von einem Park wünscht. Mehrere perfekt gekennzeichnete Strecken in verschiedenen Schwierigkeitsgraden, gespickt mit Wellen, Anlieger-Kurven, Tables, Drop-Downs, Doubles, Northshore-Elementen, wurzeligen Natur-Passagen und sogar einer Hütte, über die man springen kann. Und am Ende gelangt man immer wieder zur Jump-Area mit Drop-Batterie, verschiedenen Step-Ups and -Downs und sogar einem richtig großen Kicker mit Landing Bag, auf dem die Profis ihre „Suicides“ und „Flips“ lernen.
Wir entscheiden uns für einen der blauen, leichteren Trails, um uns alle erst wieder einmal an das Fahren und den Ablauf in so einem Park zu gewöhnen. Und es kommt, wie es kommen muss. Schon nach kurzer Zeit werden wir alle immer sicherer und schneller, wagen uns an die nächsthöhere Schweirigkeitsstufe und an höhere Sprünge. Johannes, der mit einem Kinder-Hardtail unterwegs ist, gibt richtig Gas. Wichtig ist aber immer, dass es den Kids Spaß macht und sie zu nichts gedrängt werden. Nur meiner Frau Teresa ist nach der ersten gemeinsamen Fahrt der Betrieb etwas zu stressig und so genießt sie etwas Sonne in der Chill Area bei der Talstation, während wir uns unsere Adrenalin-Kicks holen.
Rauf auf's Fisser Joch
Nach einigen richtig schnellen Fahrten im Bikepark Serfaus-Fiss-Ladis schon etwas ausgepowert, beschließen wir, es etwas ruhiger anzugehen und die Singletrails auf der Fisser Nordseite zu erkunden. Normalerweise ist auf den Singletrails etwas weniger los und man kann daher etwas entspannter fahren. Außerdem wollen wir in der sehr schön gelegenen Schöngampalm zu Mittag essen und die erreicht man eben am besten über den mit „leicht“ gekennzeichneten Zirbentrail. Also treten wir das kurze Stück ins Zentrum von Fiss und fahren, Corona-bedingt, „bemaskt“ mit der Gondel hinauf auf das Fisser Joch. Es fällt wieder auf, wie freundlich und hilfsbereit das Liftpersonal ist, sodass es auch für meine zwei Jungs kein Problem ist, ihre Bikes in die Gondeln zu bringen.
Singletrails wie in Kanada. Nur näher.
Oben an der Bergstation der Schönjochbahn angekommen, will ich mich gleich auf den ersten Singletrail stürzen. Doch habe ich wohl die Rechnung ohne den Wirt gemacht. An dem äußerst kreativ angelegten Spielplatz namens Kinder-Bergwerk kommen Johannes und Matthäus einfach nicht vorbei und auch Teresa und mir bereitet es Freude, zu sehen, mit welcher Energie und welchem Enthusiasmus sie die Förderwägen mit Sand beladen, diese über die Schienen in den Berg hineinschieben, dort über selbst stellbare Weichen umlenken, auf der anderen Seite wieder hinausschieben und abladen. Wenn wir nicht in erster Linie zum Biken da wären, würden sie wohl Stunden dort verbringen können.
Aber wie bringt man Kinder von so einem lässigen Spielplatz weg? Indem man sie daran erinnert, dass sie Hunger haben und dass es ein paar hundert Höhenmeter tiefer auf der Schöngampalm geniale Knödel gibt. Die Jungs haben angebissen und wir werfen uns voller Vorfreuden wieder auf unsere Drahtesel. Fast schon einsam über perfekt gepflegte Naturtrails zu cruisen, macht jetzt auch Teresa richtig Spaß und sie kann gar nicht mehr aufhören zu grinsen.
Kaffee und Hüpfburg zum Nachtisch bitte
Da Erwachsene ja bekanntlich nach einem guten Essen gerne noch "a Kaffeele" trinken, fällt die Pause doch etwas länger aus. Aber was soll´s?! Wir sind ja quasi auf Urlaub und die Jungs haben auch hier, mit Hupfstadel, Hasenhotel und Ziegengehege wieder viel zu erkunden, sodass es ihnen keinesfalls langweilig wird. Auffallend ist auch hier wieder, dass sogar für ganz kleine Kinder ein spannender Spielplatz mit verschiedenen Reittieren aus Holz und sogar Holzlaufrädern bereit steht.
Auf Singletrails talwärts
Gedopt mit Koffein und Kuchen sind dann auch wir „Alten“ soweit, die nächsten zwei Highlights in Angriff zu nehmen: den blauen Zirbentrail, der den Zwölferkopf und das Fisser Joch miteinander verbindet, und den roten Frommestrail, der über das Frommeskreuz hinunter nach Fiss führt. Beide aneinander gereiht ergeben, unterbrochen von einer kurzen Aufwärtspassage, insgesamt knapp über 1.200 Höhenmeter Abfahrt. Ja, das ist viel, aber gerade der Frommestrail führt speziell im oberen Teil durch eine, besonders im Herbst, extrem schöne und reizvolle Landschaft und bietet unzählige Aussichtspunkte, von denen aus man einen genialen Rundumblick auf die Lechtaler-Alpen, das Inntal, die Ötztaler-Alpen, die Nauderer-Berge und die schroffen Gipfel des Unterengadins hat. Da muss man einfach immer wieder stehen bleiben und schauen.
Cool wors, Papa!
Zufrieden, mit leeren Muskeln und voll mit schönen Eindrücken und guten Gefühlen, rollen wir durch den Ortskern von Fiss. Noch lange nicht sind wir alle ausgeschilderten Trails und Bikepark-Lines gefahren. Es gäbe noch so viel zu entdecken, aber der heutige Tag neigt sich dem Ende zu und so bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als baldestmöglich wieder zu kommen. Und wer weiß, das nächste Mal treten wir vielleicht selber rauf, denn auch dies ist hier, dank des guten Wegenetzes, möglich. Im Auto sitzend, höre ich von der hinteren Sitzbank nur ein leises „wår des a cooler Tåg“, bevor beiden Jungs die Augen zu fallen und sie fast zeitgleich einschlafen. Teresa greift nach meiner Hand und meint: „Solche Tage liebe ich! Stressfrei und für jeden etwas dabei!“
Über Manfred
Manfred Flür aus Imst ist stolzer Familienvater von zwei Jungs (7, 9), verliebt in seine Frau Teresa und ganz schön verknallt in die Berge. Seiner Frau machte er nämlich kurzerhand einen Heiratsantrag am Gipfel. Der Tiroler Bergfex ist neugierig und liebt es, die Welt um sich herum zu entdecken. Im Sommer unter anderem auf zwei Rädern, im Winter auf zwei Brettern. Als staatlich geprüfter Berg- und Skiführer sowie Mountainbikeguide gibt er sein Wissen an Sport- und Naturbegeisterte weiter und lebt seine Leidenschaft zur Bewegung im Freien aus. Doch nicht nur mit seinen Kunden, auch mit seiner Familie genießt er es, in den Bergen unterwegs zu sein.
Manfred Flür | Staatl. gepr. Berg- und Skiführer | BikeHow Mountainbikeguide | Plangg 26d, A-6460 Imst | +43/650/6134106 | manfred.fluer@gmx.at