People of SFL: Belezzahof - Julia und Gabriel Netzer
Lesezeit: 5 Minuten
AUF DEM BELEZZAHOF
Auf dem Hof in Platz, einem Weiler von Ladis, teilen sich vier Generationen, zwei Hunde, eine Katze und neuerlich drei süße Alpenkaninchen, die sich in Gabriels selbst gebautem Hasenhotel äußerst wohl fühlen, ihr hübsches Zuhause. In deutlicher Überzahl sind dabei die Pferde, die gerade entspannt auf der Weide grasen und die Kühe, die entspannt im luftigen und hochmodernen Stall fressen. Es wird gelacht, gemuht, gewiehert und vor allem GELEBT. "Bei ins ischs Leben wirklich in jedr Ecka spürbar", strahlt Uroma Margret bei der Begrüßung.
GEMEINSCHAFTLICH
Tirols modernster Stall
Beim Betreten des Kuhstalls fallen mir bereits diverse Gerätschaften auf: eine automatische Fütterungsanlage sowie ein Ausmistroboter. „Für uns war von Beginn an klar, wenn wir einen neuen Hof bauen, dann sollte er so MODERNISIERT sein, dass ihn im Ernstfall auch einer alleine bewirtschaften kann. So bleibt einfach MEHR ZEIT für andere wichtige Arbeiten auf dem Hof.“ Das Ausmisten und die Fütterung erfolgen maschinell, wohingegen beim Melken der Mensch eingreifen muss. Klassisch mit der Hand wird aber nicht gemolken, sondern mit einer Melkmaschine. Bei der Heuernte geht es natürlich auch nicht alleine, hier sind viele Hände gefragt.
Auch die Höhe des Raumes beeindruckt mich. Julia erklärt mir, dass sie bewusst MEHR PLATZ für ihre Vierbeiner geschaffen haben, wie eigentlich vorgeschrieben ist: „Unsere Tiere können sich freier bewegen und die großzügige Raumhöhe sorgt für eine gute Luftzirkulation. Sie atmen eine gute und vor allem keimfreie Luft ein.“ Den tierischen Hofbewohnern scheint es sichtlich gut zu gehen. Im Stall herrscht ganzjährig die gleiche Temperatur. Lungenentzündungen durch Zugluft sind somit Schnee von gestern. Dass der Familie das Tierwohl sehr am Herzen liegt, wird mir mit jedem Schritt durch die Hofräume und über die Wiesen rundherum noch klarer. An meiner Seite ist dabei stets Hofhund Maijuk, der alles im Blick behält.
LANDWIRTSCHAFT JA, ABER BITTE MIT HIGHTECH
Eine zeitintensive Fütterung per Hand ist durch den FÜTTERUNGSROBOTER nicht mehr notwendig. Die Kühe bekommen vollautomatisch mehrmals täglich frisches Futter: um 5.30, 6.30, 10.30 und 12.00 Uhr sowie zweimal abends. Mit einem Kran wird ein Behälter befüllt, das Futter wird dann automatisch gemischt, abgewogen und verteilt. Mit einer App ausmisten? Klingt erstmal sehr seltsam. Aber bei Familie Netzer geht man mit der Zeit und navigiert bequem mit dem Handy den AUSMISTUNGSROBOTER am Boden. Was mit Bluetooth alles möglich ist. Der Stall spielt wirklich alle Stücke. So modern kann Landwirtschaft also betrieben werden. In ganz Tirol gibt es keinen vergleichbaren Hof.
UROPA VS. MASCHINE
Die Vorteile der STALL-MODERNISIERUNG liegen natürlich auf der Hand. Dem Uropa Adolf (82) von Söhnchen Edi (2) ist es aber an ein paar Stellen nicht immer sauber genug. „Adolf geht jeden Morgen in den Stall und putzt die Ecken, macht also die Feinarbeiten, wo die Maschine nicht hinkommt. Er betreut gerne den Stall und ist sozusagen der "SPALTENPUTZER". Durch den täglichen Kontakt sind die Tiere äußerst zahm. Er liebt die Tiere und sie ihn. Am liebsten würden sie ihm in den Hosensack schliafa“, grinst Gabriel. Familie Netzer scheint hier ein eingespieltes Team zu sein.
Julia und ihr Cortado
Auf der Weide mit der beeindruckenden Bergkulisse im Hintergrund tummeln sich verschiedenste PFERDERASSEN: Haflinger, Warmblüter und Isländer sowie das Dartmoore-Pony Toni aus England. Die Tiere sind übrigens jeden Tag an der frischen Luft und kaum im Stall. Mehr Freiraum geht kaum. Von Juni bis September geht es für die meisten Pferde hinauf auf die ALM zur Sommerfrische.
Der Großteil ihrer Pferde sind HAFLINGER. Sie sind robuste und trittsichere ALPEN-ALLROUNDER. „Mit ihnen kannst du auf dem Platz, im Gelände und auf Turnieren reiten oder sie vor eine Kutsche spannen. Warmblüter wie mein CORTADO sind groß und nicht so brav im Gelände. Sie eignen sich besser als Sportpferde", erklärt die Pferdeliebhaberin.
„Mit der Zeit ist es sehr bunt geworden. Alles, was eine andere Farbe hat, gehört mir. Den mittlerweile 12-jährigen Cortado habe ich mitgebracht. Er ist nun in seinem besten Alter. Der Neuankömmling musste sich aber erst den Respekt der anderen erarbeiten. Mittlerweile ist er aber der Chef“, erzählt mir Julia beim Herumspazieren.
REITPLATZ UND REITSCHULE
Julia Leis hat alle Trainerscheine sowie den Wanderreitführer in der Tasche. Auf dem hofeigenen Longierplatz hat sie bereits begonnen REITUNTERRICHT für Kinder zu geben. Zukünftig möchte sie das Angebot noch stärker ausbauen. Die Vorbereitungen für einen eigenen Reitplatz laufen bereits. "Im Alter von 3-4 Jahren werden die Pferde eingeritten. Wir heben uns dadurch ab, dass das EINREITEN sehr schonend erfolgt. Viele machen es in kurzer Zeit. Da wir das Einreiten selber übernehmen, können wir uns Zeit lassen. Wenn du etwas langsam lernst, also nicht nur auswendig lernst, sondern auch verstehst, dann hält es lange an. So kann man mit ihnen super ins Gelände reiten. Die Tiere schenken einem viel schneller ihr VERTRAUEN. Wenn wir die Tiere von Fremden bekommen, dauert das viel länger“, so Julia.
PFERD ODER CROSS?
Gabriels Eltern sind für die Pferdezucht zuständig: Mama Ursula, die den Pferden ihren Namen gibt, erklärt mir: „In der Haflingerzucht ist der ANFANGSBUCHSTABE von einem Stutfohlen identisch mit dem der Mutterstute. Dasselbe gilt für ein Hengstfohlen. Dort wird der Anfangsbuchstabe von dem Hengstvater verwendet". Interessant, oder? Sie erinnert sich lächelnd, welche entscheidende Frage einst ihr Mann seinem Vater stellte: „Was wäre dir lieber, wenn ich mir einen Haflinger kaufe oder eine Cross-Maschine? Ich bin mit Pferden aufgewachsen und so hat sich mein Mann, mit Zustimmung seines Vaters, 2 FOHLEN gekauft und alles hat seinen erfreulichen Lauf genommen.“ Alle auf dem Hof wirken so glücklich und angekommen. Bemerkenswert. Auch ich bin begeistert von der Lebensweise in Ladis. Es war damals also wirklich eine gute Idee, sich für 2 PERDESTÄRKEN und gegen 60 PS zu entscheiden.
REGIONAL & LEHRREICH
Wie in den zwei Nachbargemeinden gibt es auch in Ladis HOFLÄDEN, in denen regionale Produkte verkauft werden. Neben der Familie Pittl, dem Gasslbauer und Familie Jenewein, bietet auch der Belezzahof ab Sommer 2021 eine schöne Auswahl an Selbstgemachtem an: Speck, Joghurt, Belezza-Fruchtzwerge, Brot und weitere Köstlichkeiten. Die Milch wird von Familie Netzer übrigens fast zur Gänze zu JOGHURT verarbeitet und an die lokalen Hotels und Restaurants verkauft. Auch die Bergbahnen sind ein wichtiger PARTNER, die neben dem Joghurt auch ihr Fleisch abnehmen.
Möchtest du dir Qualitätsfleisch aus Ladis sichern?
Gabriel (+43/664/3921894) und Julia versorgen dich gerne mit einem "Mischpaket" (10 kg).
Wusstest du, dass die Tiere von Familie Netzer ausschließlich mit Heu gefüttert werden? Die Qualität kannst du schmecken.
🍓 DIE NATUR ALS SCHULE
Als wir in Richtung KRÄUTER- UND GEMÜSEGARTEN spazieren, erzählt mir das junge Paar von einem sehr schönen Projekt. Die Natur soll vor allem den Kleinsten eindrucksvoll nähergebracht werden. Das Klassenzimmer wird also kurzerhand in die Natur befördert. Einmal im Jahr besuchen die Kinder des KINDERGARTENS
Ladis nämlich den Hof, backen gemeinsam Brot und spazieren durch den Stall. Zukünftig sollen die Kinder auch bei der GARTENARBEIT mithelfen. Gabriel und Julia setzen und säen die Pflanzen und die Kinder können dann jäten, graben, ernten und natürlich naschen. Während im Juni die ersten Erdbeerchen verputzt werden, steht im Herbst dann das Erdäpfelgraben an. „Neben Pythagoras und Aggregatzuständen sollten die Kinder auch wissen, wie sie einen SALAT anbauen können. Ich freu mich schon sehr, wenn die ersten Kinder mit Schaufel und Co zu Besuch kommen“, lächelt Gabriel.
FAZIT
Mein Besuch auf dem Belezzahof in Ladis war äußerst LEHRREICH. Das Leben ist wirklich in jeder Hof-Ecke spürbar. Julia und Gabriel haben mir eindrucksvoll gezeigt, wie modern und zugleich traditionell ein BAUERNHOF sein kann. Es wird zwar beim Ausmisten und Füttern Zeit gespart, aber keinesfalls bei der LEIDENSCHAFT, mit der das junge Paar gemeinsam mit den anderen drei Generationen den Hof betreibt. Das Tierwohl steht stets an oberster Stelle. Die Vierbeiner haben hier ein schönes Fleckchen zum Leben, viel Platz im Stall und auf der Weide sowie Hofbesitzer, die sich tagtäglich liebevoll um sie kümmern. Der Belezzahof ist wirklich ein VORZEIGEPROJEKT, wie Landwirtschaft im 21. Jahrhundert funktionieren kann. Tradition und Modernisierung müssen also kein Widerspruch sein.